Facharbeit - "Licht, Farbe und Wirkung"

Erschienen in der ZWP-Designpreisausgabe 2011 

 

Licht und Farbe sind Energiequellen die einen erheblichen Teil unserer Lebensqualität ausmachen. Das physikalisch, psychologische Phänomen von Licht und Farbe, ist so vielfältig, so bunt, faszinierend, wirksam und kraftvoll, dass man sich selbst berauben und einiges verpassen würde, wenn man die Auseinandersetzungen und Wirkungen scheuen, ungeachtet oder gar bewusst vermeiden lassen würde. Dass diese Faktoren in der Praxiseinrichtung berücksichtigt werden sollten, zeigt der folgende Bericht, gestützt durch neueste Studien und Erkenntnissen. In zusammenarbeit mit Zumtobel und der Bundeszahärztekammer.

 

Praxiseinrichtung, Empfangsbereich, Quelle: Zumtobel

 

Schon die alten Ägypter, Azteken und viele weitere Urvölker nutzten die Kraft der Farben um seelische und körperliche Schmerzen zu heilen. Schon immer erforschten Wissenschaftler aller Kontinente die vielfältige Wirkung von Farbe auf den menschlichen Organismus. Daher scheint es ironischerweise mehr Farbtheorien als Farbtöne zu geben.

Auch wenn es viele verschiedene Farbtheorien und Lehren gibt, wie in Indien die Chakra-Theorie, in China die Feng Shui Philosophie, in Europa die Goethe-, Runge-, Newton-, Itten-, Kandinksi- oder Newmantheorie, hat jede Farbtheorie ihre Daseinsberechtigung. Jede Theorie eröffnet uns eine weitere Einsicht in die fantastische Welt der Farben. Die Einsicht, dass Farbe und Licht pure Energie bedeutet, die sowohl psychisch als auch physisch wirkt, wird bei jeder Theorie in gleichem Maße behandelt. Heutzutage weiß man, dass diese Energien auf die emotionalen Zentren des Nervenapparates einwirken und so unser Gemüt und allerlei körperliche Prozesse in Gang setzten.

 

Historie

Auch wenn die Erkenntnisse von Licht und Farbe sehr weit zurückgreifen und diese immer noch Bestand haben, so möchte ich nur auf die relevanten Durchbrüche eingehen, die für die Praxisgestaltung relevant sind.

Einen Namen machte sich Johann Wolfgang von Goethe um 1810 als empirisch forschender Farbwissenschaftler. Er beschäftigte sich im Austausch mit Künstlern und Philosophen intensiv mit dem Thema Licht und Farben. Er kritisierte Newtons Theorie, die auf physikalischen Eigenschaften beruht, aufs heftigste. Er entwickelte nicht nur einen Farbenkreis, er unterschied auch zwischen kalten und warmen Farben. Kalte Farben sind bläulich unterlegt, warme Farben sind gelblich unterlegt. Er fand damals auch heraus, dass Farben die menschliche Psyche beeinflussen und dass ein enger Zusammenhang zwischen Gefühlen und Farben besteht. Goethe entwickelte eigenen Begriffe, erläuterte seine Ideen zur sinnlich-sittlichen Wirkung von Farbe und wies Farben Zuordnungen wie „Kraft“ und „Beraubung“ zu. Viele seiner Prinzipien werden heute noch in der Kunst und Designschulen verwendet.

1903 erhielt Niels Ryberg Finsen aus Dänemark den Nobelpreis für Medizin für seine Forschungsarbeit über die Behandlung von Krankheiten mittels konzentriertem Licht. Er entwickelte eines der ersten Geräte, mit dem er in der Lage war, synthetisches "Sonnenlicht" in einem technischen Verfahren zu erzeugen. Parameter wie Intensität und emittiertes Lichtspektrum konnten so erstmals, individuell eingestellt werden. Er behandelte mehr als 950 Lupus vulgaris (Tuberkulose der Haut) Patienten mit gefiltertem, synthetischem "Sonnenlicht“, im Zeitraum von 1895 bis 1903. Dass zu viel Licht auch eine schädigende Wirkung haben kann und wie man sich davor schützen konnte, war ihm derzeit auch schon bekannt. Er wird daher als Begründer der modernen Lichttherapie angesehen.

Sir Isaac Newton erfand in Jahr 1666 den sogenannten Farbkreis, den Johannes Itten, 1920 an der Bauhaus-Schule weiter entwickelte. Johannes Itten beschäftige sich als Künstler und Lehrpersönlichkeit vor allem mit dem Zusammenwirken von Farben und Formen. Er gilt als der Begründer der Farbtypenlehre. Die Farbtypenlehre ist eine Theorie, die anhand von Hautton, Augen- und Haarfarbe eine Zuordnung für Kleidung und Make-Up den Farbtypus bestimmt. Sein modifizierter Farbkreis wird heute ebenso wie Goethes Farbkreis, international in der Kunst- und Designausbildung als Anschauungsmodel eingesetzt.


In moderneren subtraktiven Farbmodellen und Farbordnungssystemen versteht man Ittens folgendermaßen: Der Kreis basiert auf den drei Primärfarben Rot, Gelb und Blau. Zwischen den Primärfarben stehen die Sekundärfarben Grün, Orange, Violett. Die Sekundärfarben entstehen, indem man die benachbarten Primärfarben zu gleichen Teilen miteinander mischt.

Rot und Gelb ergeben Orange, Gelb und Blau werden zu Grün, Rot und Blau mischt man zu Violett. Mischt man eine weitere Primärfarbe dazu, entsteht eine Tertiärfarbe. Gelb, Gelb und Rot ergeben Gelborange. Der Gelbanteil überwiegt. Gelb, Rot und Rot ergeben Rotorange. Der Rotanteil überwiegt. Die eine Hälfte des Kreises beherbergt die warmen Tönen, Gelb, Orange, Rot. Die andere Hälfte beherbergt die kühlen Tönen, Grün, Blau, Violett. Als Komplementärfarben, werden Farben bezeichnet, die sich im Farbkreis gegenüber stehen. Wie z.B. Violett gegenüber Gelb oder Grün gegenüber Rot (Abb. Farbkreis).


 

Farbpsychologische Gesichtspunkte in der Praxiseinrichtung


„Für 50 – 60% der Bevölkerung ist der Zahnarztbesuch ein unangenehmes Ereignis. Etwa 10% gehen mit starken Ängsten zum Zahnarzt, bei 1-2% haben die Ängste einen phobischen Charakter. Weiter darf eine Dunkelziffer von phobischen Menschen vermutet werden, die den Zahnarztbesuch nach Möglichkeit ganz zu vermeiden versuchen." (Quelle:Hoefert HW:Epidemiologie der Zahnbehandlungsangst. In:Hoefert, Jöhren(Hrsg.) Zahnbehandlungsangst erkennen und behandeln - Diagnostik, Therapie, Praxismanagement. Spitta, 2010: 365 S.)

Die Zahlen aus der Studie "Epidemiologie der Zahnbehandlungsangst" sind gravierend und Grund genug sich mit der mit der einfühlsamen Betreuung dieser Patienten, sowie mit der psychologischen Licht- und Farbgestaltung der Praxis auseinander zu setzen.

Der Einfluss von Licht und Farbe auf die Emotionen des Menschen, ist im Rahmen der ganzheitlichen Raumgestaltung in den Fokus der Planer näher gerückt. Unwohlsein, somit Ängstlichkeit und Stress kann schon beim Gedanken daran in der horizontalen Stellung des Behandlungsstuhls ausgeliefert und fluchtlos zu sein, entstehen. Halten wir stets die Kontrolle in der Hand, geben wir diese nur ab wenn wir völliges Vertrauen zu einer Person aufgebaut haben. Ebenso zehrt die Geräuschkulisse sowie der Anblick chirurgischer Instrumente und der Gedanke sich in den Mund schauen und anfassen zu lassen am Gemütszustand. Schließlich stellt die Mundregion eine der intimsten Zonen des menschlichen Körpers dar.


Die Aufklärung über die Web-Präsenz sowie eine emotionale Raumgestaltung, verbunden mit einem einfühlsamen Praxisteam und einem Arzt, der ängstliche Patienten erkennt, ernst nimmt und über die einzelnen Behandlungsschritte aufklärt, kann weit mehr als die 50 - 60% der Patienten die einen Zahnarztbesuch als unangenehm empfinden, erreichen und helfen. Oft hilft hier schon, wie so oft im Leben, menschliche Zuwendung.


Empfangsmöbel, individuelle Klinikeinrichtung, Klinik Malgedem. Schon beim Empfangen, Ängste nehmen. Quelle: Zumtobel

 

Den phobischen Patienten, dessen Störung seelischer Natur ist, wird man nicht allein über die Raumgestaltung und auch nicht über eine einfache, wenn auch einfühlsame Behandlung erreichen und helfen können. Viele dieser Menschen leiden seit Jahren an starken Ängsten und Schmerzen und sind stets mit den Reaktionen einer intoleranten Umwelt und mit sich selbst beschäftigt. Starke Minderwertigkeitsgefühle sind das Ergebnis, gilt doch ein unvollständiges Gebiss oder schiefe, kariöse Zähne als unhygienisch, sozial unter dem Durchschnitt und ebenso als ein Zeichen des beruflichen Misserfolgs. Dabei liegen die Probleme oft in der frühkindlichen Prägung durch die elterliche Erziehung, Erzählungen und Reaktionsweisen über den einen besonders negativen Zahnarztbesuch, den jeder von uns schon mal erlebt oder gehört hat. Auch handelt es sich oft um unmittelbare Phobien, wie z.B. vor Spritzen, Blut und Bohrern.

Manchen Patienten reicht eine unsympathische Arzt-Patient-Beziehung aus, um sich der Behandlung zu entziehen. Aber oft ist gerade der Zahnarzt der Erste, der die psychischen Probleme des Patienten erkennen kann. Lohnt es sich da nicht der Menschlichkeit wegen zu handeln und diese Menschen wenigstens zum Spezialisten zu überweisen wenn man sich nicht in der Lage sieht diese zu behandeln?


Um an die Wurzel des Problems zu gelangen und diesen Menschen zu helfen, bedarf es über curriculare Fortbildungsmöglichkeiten, ein Fachwissen über das komplexe Krankheitsverhältnis, welches wir bisher nur oberflächlich behandelt haben, und der Therapiemöglichkeit vor Ort. Eine aufklärende, sensibel kommunizierende Web-Präsenz, ein geschultes Praxisteam und die auf Beruhigung, Harmonie und Vertrauen einwirkende Innenarchitektur hilft, die Behandlungsbereitschaft und das Vertrauen dieser Menschen zu gewinnen. Selbst unter den besten Praxisvoraussetzungen weiß ein auf Zahnbehandlungsphobie spezialisierter Zahnarzt zu erkennen, wann ein Psychotherapeut oder Psychiater zu Rate gezogen werden muss. Nicht selten ist eine fachübergreifende Arbeit in Netzwerken nötig. Für Ärzte, die weitere Informationen zu diesem Thema wünschen, hat die Bundeszahnärztekammer den wissenschaftlich begründeten Leitfaden „Psychosomatik in der Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde" verfasst. Dieser Leitfaden soll dem berufstätigen Zahnarzt zur Orientierung und Sensibilisierung bei der Problematik dienen.


Natürlich soll beim Zahnarztbesuch keine Therapie über Licht und Farbe vollzogen werden. Man sollte aber das Möglichste tun, um jedem Patienten die Ängste, den Stress und das Unwohlsein zu nehmen und ihn positiv einzustimmen. Nur so kann Vertrauen und Sicherheit entstehen. Wir wissen doch alle, dass die Sicherheit, sich gut aufgehoben zu fühlen und somit der positive Gemütszustand, erheblich zur positiven Praxis-Atmosphäre und sogar zur besseren Genesung beitragen können. Schließlich bereitet es doch keinem Arzt Freude, verängstigte und verkrampfte Patienten, die die Arbeit erschweren, zu behandeln.


In Zuge der vernünftigen Praxisplanung kommt auch dem Arzt die passende Lichtintensität bei der Behandlungsarbeit zu gute. Dadurch wird die Therapie genauer, sicherer und effizienter und sogar die Fehlerquote stark minimiert. Die passende Farbgestaltung im Hintergrund des Blickfelds des Behandlers, die Farbe des Bodens, kann Konzentration und logische Denkweise fördern. Dies steigert den Qualitätsstandard des Praxisunternehmens beträchtlich und somit die Freude an der Arbeit. Die Mitarbeiter werden es Ihnen nicht nur durch entspannte Patienten danken, auch den Mitarbeitern selbst kommen farbpsychologische Aspekte zu gute. Licht und Farbe können Mitarbeiter motivieren, die Arbeit erleichtern, die Effizienz fördern und sogar die Identität zum Praxisunternehmen steigern. Die Zahlen der Studie zeigen, dass es sich menschlich und sogar marketingstrategisch lohnt, sich in diese Richtung zu bewegen.


 

 

 

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